Die Ankündigung einer Betriebsprüfung dürfte bei so manchem Arztpraxisbetreiber akutes Unwohlsein auslösen. Denn selbst wenn der Mediziner ein gesundes Steuergewissen hat, verursacht eine Außenprüfung durch das Finanzamt meist einen hohen Aufwand, der neben dem stressigen Praxisalltag bewältigt werden muss. Zudem besteht die Gefahr, dass unbewusst gemachte Fehler zu Unklarheiten führen, die den Verlauf einer Prüfung negativ beeinflussen können. Umso wichtiger ist es, sich gut vorzubereiten. Wer alle erforderlichen Unterlagen zur Hand hat und aufkommende Fragen schnell klären kann, wird den unfreiwilligen Steuer-Check stressfrei hinter sich bringen und vielleicht sogar unliebsame Diagnosen abwenden können.

Wenn eine Betriebsprüfung bevorsteht, geht dem betroffenen Unternehmer meist eine ganz bestimmte Frage durch den Kopf: Warum ich? Tatsächlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Betriebsprüfer früher oder später vorbeischaut. Einigen Firmen blüht eine Prüfung, wenn das Finanzamt auf Auffälligkeiten oder Ungereimtheiten in der Steuererklärung stößt; andere werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Großbetriebe müssen sogar regelmäßig mit Prüfungsankündigungen rechnen.

Einen Hinweis auf eine Steuerprüfung liefert häufig der Steuerbescheid. Wird dieser unter Vorbehalt der Nachprüfung erteilt, könnte es sein, dass man schon bald an der Reihe ist.

 

Vorbereitungszeit beträgt mindestens zwei Wochen

Es gibt aber eine gute Nachricht: Jeder Unternehmer, dem eine Betriebsprüfung ins Haus steht, hat das Recht, sich darauf vorzubereiten. Der Prüfer darf nicht unangekündigt vorbeischauen und Akteneinsicht verlangen. Eine Außenprüfung – so die offizielle Bezeichnung der Finanzverwaltung – muss mindestens zwei Wochen vorher durch eine formale Anordnung angekündigt werden.

Flattert der Prüfbescheid ins Haus, gilt es, Ruhe zu bewahren und mit den Vorbereitungen zu beginnen, damit beim Besuch des Finanzbeamten alles rundläuft. Doch wie sollte man in diesem Fall konkret vorgehen? Zunächst empfiehlt es sich, die Prüfankündigung gründlich durchzulesen. Wer einen triftigen Grund hat, kann den Prüftermin in der Regel verschieben. Dies kommt zum Beispiel infrage, wenn der Prüfling gerade erkrankt oder dessen Steuerberater im Urlaub ist.

 

Einspruchsmöglichkeiten prüfen

Auch über den Prüfort kann man in vielen Fällen mit dem Finanzamt sprechen. In der Regel gehen Betriebsprüfungen in den Geschäftsräumen des betreffenden Unternehmers über die Bühne. Ist in der Arztpraxis kein Büro vorhanden, kann eine Ortsänderung beantragt werden. Der Prüfer hat dann zum Beispiel die Möglichkeit, auf die Privaträume des Geprüften oder auf das Finanzamt auszuweichen. Die Steuerberaterkanzlei des Arztes kommt ebenfalls als Prüfort infrage.

Zudem besteht die Möglichkeit, Einspruch einzulegen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfung bestehen oder der Prüfanordnung keine Rechtsbelehrung anhängt.

Übrigens: Nach Eingang der Prüfanordnung wirkt sich eine Selbstanzeige für den geprüften Zeitraum nicht mehr strafbefreiend aus. Wer kein reines Gewissen hat, kann seinen Kopf also nicht im letzten Moment aus der Schlinge ziehen. Nur für die Zeiträume, die nicht geprüft werden, kann dann noch eine Strafbefreiung erreicht werden.

 

Wichtige Unterlagen zusammenstellen

Steht ein Termin fest, können Prüflinge damit beginnen, die wichtigsten Unterlagen zusammenzustellen. So werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich Fragen oder aufkommende Ungereimtheiten schnell klären lassen. Welche Dokumente und Daten benötigt werden, hängt von der Art der Prüfung ab.

 

Vollprüfung umfasst verschiedene Steuerarten

Möglich ist zum Beispiel die Durchführung einer klassischen Vollprüfung, bei der alle Steuerarten Berücksichtigung finden. Der Arzt muss dann Auskunft über sämtliche Einkünfte, Sachverhalte und Prozesse geben, die für die Ermittlung der Einkommensteuerhöhe relevant sind. Im Fokus der Steuerprüfer können unter anderem Arbeitszimmer, Fahrtenbücher, die Homeoffice-Pauschale, Praxisverkäufe, Gesellschafterwechsel oder Abschreibungsberechtigungen stehen. Geprüft wird auch, ob der Arzt die Vorgaben der „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) einhält. Meist werden lohnsteuerliche Aspekte ebenfalls geprüft.

 

Lohnsteueraußenprüfung nimmt die Lohnbuchhaltung ins Visier

Unter Umständen erfolgt aber auch eine separate Lohnsteueraußenprüfung. Im Mittelpunkt stehen dabei Themen wie Beschäftigungsverhältnisse, Lohnabrechnungen, Zusatzleistungen für Mitarbeiter, Sonderzahlungen, Arbeitnehmerüberlassungen, Reisekosten, Sonntags- und Nachtzuschläge oder Zahlungen an freie Mitarbeiter. Der Geprüfte muss dann alle Unterlagen vorlegen können, die im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung stehen. Unter anderem werden Lohnabrechnungen, Lohnsteuerkarten, Arbeitsverträge, Personalakten oder schriftliche Mitarbeitervereinbarungen benötigt. Der Prüfer darf aber auch mit den Mitarbeitern sprechen, falls ihm Fragen unter den Nägeln brennen.

 

Prüfung der Umsatzsteuerpflicht

Schwerpunkt einer Betriebsprüfung kann außerdem die Umsatzsteuer sein. Diese wirft bei vielen Ärzten nämlich Fragen auf, da nicht immer klar ist, welche Leistungen steuerpflichtig sind. Grundsätzlich sind medizinische Behandlungen umsatzsteuerbefreit, wenn sie der Erhaltung beziehungsweise der Wiederherstellung der Gesundheit dienen. Für die Durchführung von Diagnoseverfahren fällt ebenfalls keine Umsatzsteuer an.

Allerdings bieten einige Praxen Leistungen an, die der Steuerpflicht unterliegen. Dazu zählen beispielsweise Vortrags- oder Lehrtätigkeiten, ästhetische Behandlungen ohne therapeutischen Zweck, die Erstellung bestimmter Gutachtentypen oder die Vermietung von OP-Sälen. Für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) muss die Umsatzsteuer entrichtet werden, wenn diese aus therapeutischer Sicht nicht zwingend erforderlich sind.

Umsatzsteuerpflichtig sind die betreffenden Ärzte aber nur, wenn sie nicht von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen. Das heißt: Wer Kleinunternehmer ist, muss keine Umsatzsteuer entrichten.

 

Gewerbesteuer kann in den Mittelpunkt rücken

Die Prüfer können sich aber auch auf die Gewerbesteuer konzentrieren. Grundsätzlich sind Ärzte als Freiberufler nicht gewerbesteuerpflichtig. Allerdings kann in bestimmten Fällen eine Steuerpflicht entstehen. Generiert eine Personengesellschaft gewerbliche Einnahmen in Höhe von mehr als 24.500 Euro pro Jahr, muss ein Gewerbe angemeldet werden. Gleiches gilt, wenn mehr als drei Prozent aller Nettoerlöse durch gewerbliche Einnahmen erzielt werden.

Vorsicht ist auch geboten, wenn ein Arzt andere Ärzte einstellt und nicht in ausreichendem Maße Einfluss auf deren Tätigkeit nimmt. Unter bestimmten Umständen verliert er dann seinen Freiberuflerstatus.

 

Mitwirkungs- und Verschwiegenheitspflicht in Einklang bringen

Doch egal, welcher Prüfungsschwerpunkt gesetzt wird, eines ist sicher: Der Geprüfte hat eine Mitwirkungspflicht. Wer nicht kooperiert und für Verzögerungen sorgt, kann vom Finanzamt mit einem Verzögerungsgeld belegt werden. Allerdings ist bei einer Betriebsprüfung in einer Arztpraxis eine Besonderheit zu beachten: Da Ärzte einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber Patienten unterliegen, haben sie ein Auskunftsverweigerungsrecht. Letzteres gilt jedoch nur für Informationen, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Alle steuerrelevanten Daten müssen offengelegt werden. Für die betreffenden Ärzte ist die Betriebsprüfung daher oft ein Drahtseilakt, bei dem sowohl die Interessen der Patienten als auch die Forderungen des Finanzamtes berücksichtigt werden müssen.

Übrigens: Der Prüfer kann schon vor Beginn der Betriebsprüfung die digitale Übermittlung von Daten anfordern. Diese müssen dann auf einem maschinell lesbaren und auswertbaren Datenträger übergeben werden. Manchmal benötigt der Prüfer vorab bestimmte Daten vom Steuerberater des Geprüften.

 

Konsequenzen durch Einigungsversuch abmildern

Während der Prüfung muss der Beamte den Arzt stets über seine gewonnenen Erkenntnisse auf dem Laufenden halten. Danach erfolgt eine Schlussbesprechung, bei der sich der Steuerpflichtige zu Beanstandungen äußern kann. Im Rahmen dieses Gespräches können Geprüfte versuchen, eine Einigung zu erzielen. Aber Vorsicht: An die mündliche Absprache ist der Prüfer nicht gebunden.

Am Ende wird ein Prüfungsbericht erstellt, der Auskunft über das Ergebnis gibt und über die sich daraus ergebenden Besteuerungsänderungen informiert. Der Arzt hat die Möglichkeit, den Bericht vor der Auswertung anzufordern und sich gegebenenfalls dazu zu äußern. Danach führt das Finanzamt die finale Auswertung durch und lässt dem Steuerpflichtigen einen neuen Steuerbescheid zukommen.

Ist der Steuerpflichtige mit dem Ergebnis nicht einverstanden, besteht die Möglichkeit, Einspruch einzulegen und ein Rechtsbehelfsverfahren einzuleiten. Wird der Einspruch abgelehnt, kommt nur noch eine Klage infrage.

 

Frühzeitig vorbeugen und Vorbereitungszeit nutzen

Stößt der Prüfer auf Ungereimtheiten und deckt Fehler, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf, kann es teuer werden. Die geprüften Ärzte müssen dann mit Steuernachzahlungen, Strafzinsen, Hinzuschätzungen, Bußgeldern und in einigen Fällen auch mit Haftstrafen rechnen.

Um einen schlechten Verlauf zu verhindern, empfiehlt es sich, den Zustand von Praxissystemen unabhängig von einer bevorstehenden Betriebsprüfung regelmäßig zu checken. Vorbeugung ist hier die beste Medizin. Schwachstellen können dann rechtzeitig therapiert und gesunde Strukturen geschaffen werden.

Spätestens wenn eine Prüfungsanordnung ins Haus flattert, sollte der Blick auf steuerlich relevante Daten und Unterlagen gerichtet werden. Es empfiehlt sich, sofort einen Steuerberater zu kontaktieren. Dieser kann erläutern, welche Schritte in dieser Situation vollzogen werden sollten, welche Unterlagen man benötigt und wie man sich vorbereiten kann. So wird sichergestellt, dass die jeweilige Arztpraxis fit für die Prüfung ist.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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